Meldung vom 13. Dezember 2024
Haushaltsrede des Bürgermeisters
Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderats, sehr geehrte Damen und Herren, in den letzten Wochen jagte eine Hiobsbotschaft die nächste. Am Morgen des 06.11.2024 erwartete uns ein – für mich persönlich in dieser Deutlichkeit – überraschender Wahlausgang in den USA . Dessen politische und wirtschaftliche Folgen für Europa, insbesondere aber für Deutschland, werden wohl erst nach erfolgter Amtseinführung im Januar 2025 konkret. Die Ankündigungen des 45. und zugleich 47. Präsidenten im Wahlkampf lassen jedoch wenig Gutes hoffen, Stichworte: Zölle und Handelskrieg. Am Abend des 06.11.2024 gab die Ampel ihr Scheitern bekannt, das sich freilich schon monatelang abgezeichnet und angekündigt hatte. Dies zu einem Zeitpunkt, der unglücklicher kaum gewählt werden konnte, und in einer Art und Weise, die der Würde des Verfassungsorgans Bundesregierung und ihrer Repräsentanten nicht einmal annähernd entsprach. Im Nachgang hierzu kündigten mehrere große Automobilkonzerne in großem Umfang den Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland an. Wie zu erwarten, folgten Autozulieferer sowie ein großer Stahlkonzern mit der Bekanntgabe von Kündigungen und Kurzarbeit. Die Konjunkturaussichten trüben sich weiter ein, es droht ein weiteres Jahr der Stagnation bzw. sogar der Rezession. Der Oktober-Steuerschätzung lag eine weitere Verschlechterung der Wachstumserwartungen als Rückgang des realen Bruttoinlandsproduktes um 0,2 % zu Grunde. Schließlich wurde in der Sitzung des Kreistags vom 14.11.2024 bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs mitgeteilt, dass es noch nie so schlecht um die Finanzen des Landkreises bestellt gewesen sei. Demzufolge müsse u. a. auch die Kreisumlage von 27,5 % auf 32 % erhöht werden. Hinzu kommt, dass die auf Basis des Zensus vom 15.05.2022 fortgeschriebene Bevölkerungszahl der Gemeinde Hambrücken zum 30.06.2023 auf 5541 Personen festgesetzt wurde. Bislang waren zu diesem Zeitpunkt und damit auch für etwaige FAG-Ausgleichszahlungen jedoch ca. 5600 Einwohnerinnen und Einwohner maßgeblich. Das alles hat unmittelbare und mittelbare Auswirkungen auf den Haushalt der Gemeinde Hambrücken für die Jahre 2025 ff. Manche hiervon können bereits konkret beziffert werden. So führt das Ergebnis der Oktober-Steuerschätzung zu einem Einnahmerückgang für das Jahr 2025 bei allen Kommunen im Umfang von ca. einer Mrd. Euro. Die Erhöhung der Kreisumlage bedingt, dass die Gemeinde Hambrücken alleine hierfür im nächsten Jahr über 2,7 Mio. € an den Kreis abführen muss. Um es einmal plakativ zu machen: Hierbei handelt es sich relativ genau um den Betrag, den die Veräußerung der MFH-Grundstücke im NBG Brühl einmalig in die Gemeindekasse spülen soll! Die geringere Einwohnerzahl nach dem Zensus 2022 hat zur Folge, dass bei den Schlüsselzuweisungen vom Land im Jahr 2025 ca. 44.000,- €, und ab 2026 jährlich ca. 117.000,- € weniger zur Verfügung stehen werden. Aus diesem Grund haben wir natürlich Widerspruch gegen den entsprechenden Bescheid eingelegt, Erfolgsaussichten jedoch offen … Angesichts dieser Rahmenbedingungen verwundert es nicht, wenn sich die Präsidenten der Kommunalen Landesverbände tief besorgt zeigen, die Kommunalfinanzen als im freien Fall befindlich beschreiben und die finanzielle Handlungsfähigkeit der baden-württembergischen Kommunen in einem Maße gefährdet sehen, wie dies in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht der Fall war. Bereits für das Jahr 2024 konnten 60 bis 70 % der Städte und Gemeinden keine ausgeglichenen Haushalte vorlegen ! Der Präsident des Landkreistages Baden-Württemberg, Landrat Joachim Walter, warnte im Rahmen der 42. Landkreisversammlung in Bruchsal drastisch: Die Landkreise stehen wie die Städte und Gemeinden vor einem finanziellen Abgrund. Diesem Befund entspricht es, dass unser Ergebnishaushalt für 2025 erneut ein Defizit ausweist, dieses Mal i.H.v. 988.700,- € . Das hängt maßgeblich damit zusammen, dass einerseits Einnahmen wegbrechen bzw. geringer ausfallen, und andererseits weitere Aufgaben bzw. höhere Verpflichtungen zu Mehrausgaben führen. An dieser Stelle möchte ich – erneut – darauf hinweisen, dass wir das von der Landespolitik gegebene Versprechen der Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform einlösen. Dem entspricht es, dass wir im Gemeinderat den Hebesatz für die Grundsteuer B auf 160 v.H. festgesetzt haben und hierdurch im Haushalt 2025 mit ca. 560.000,- € bei dem Ertrag der Vorjahre landen werden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Gelder zur Bestreitung unserer ordentlichen Aufwendungen irgendwo herkommen müssen. Was können wir in Hambrücken also tun, damit es – um im eben gezeichneten Bild von Landrat Walter mit dem Abgrund zu bleiben – nicht zu einem Absturz kommt ? Nun, zunächst einmal können und müssen wir weiterhin unsere Hausaufgaben machen. Das hat uns in Hambrücken schon immer ausgezeichnet und deshalb stehen wir auch verhältnismäßig gut da . Um es mit Zahlen und Fakten zu unterfüttern: Im Jahr 2025 wird erneut keine Kreditaufnahme notwendig sein. Zum Jahresende 2024 wird die Liquidität der Gemeinde Hambrücken voraussichtlich zwischen 4 und 5 Millionen Euro liegen, die Beteiligung an der NetzeBW i.H.v. 1,853 Millionen Euro nicht miteingerechnet. Demgegenüber stehen Darlehensverbindlichkeiten, vor allem im Zusammenhang mit dem Bau der Gemeinschaftsschule, die aktuell noch mit ca. 1,8 Millionen € valutieren. Das kommt natürlich nicht von ungefähr, sondern ist das Ergebnis einer vorausschauenden, am Machbaren und Notwendigen orientierten und alle Fördermöglichkeiten ausschöpfenden Haushaltspolitik . Diese führte beispielsweise für das Haushaltsjahr 2023 dazu, dass in der Ergebnisrechnung trotz prognostizierten Defizits i.H.v. über 700.000,- € letztlich ein Überschuss i.H.v. 1,2 Mio. € erwirtschaftet werden konnte. Ferner konnten im Jahr 2024 so viele auch größere Maßnahmen und Projekte erfolgreich abgeschlossen werden. Hierbei denke ich u. a. an - die neue Heizung für den Komplex Pfarrer-Graf-Schule/Turnhalle/Forum - das sanierte Hebewerk III - die neuen Gehwege in der westlichen Kirchstraße - die Sanierung der Brücke im Heuweg - das neu gestaltete Areal Grüner Baum - die in Rekordgeschwindigkeit umgesetzte Renovierung der Sanitäranlagen im Kindergarten St. Martin und an vieles mehr. Hieran wollen und müssen wir auch 2025 anknüpfen und entsprechend der Dringlichkeit die uns übertragenen Aufgaben erledigen sowie unsere kommunalen Liegenschaften ertüchtigen. Demzufolge liegen die Schwerpunkte der investiven Maßnahmen mit ca. 2/3 des im Finanzhaushalt vorgesehenen Planungsansatzes i.H.v. 2,275 Mio. € auf folgenden Vorhaben: - Neubau einer Kindertagesstätte auf dem Schulgelände (1 Mio. €) - Schaffung von Räumlichkeiten zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung auf dem Schulgelände (250.000,- €) - Generalsanierung des Hebewerks II (250.000,- €) Dabei handelt es sich bei den beiden letztgenannten Projekten freilich um die ersten Schritte im Jahr 2025, die weitere Kosten in den Folgejahren auslösen werden. An dieser Stelle zeigt es sich, wie wichtig die Umsetzung des Neubaugebiets Brühl nicht nur für viele junge Familien, sondern auch für die Gemeinde Hambrücken war. Durch die geplanten Veräußerungserlöse für die Mehrfamilienhausbauplätze ergibt sich im Finanzhaushalt ein veranschlagter Finanzierungsmittelüberschuss i.H.v. 209.400,- € mit einer veranschlagten positiven Änderung des Finanzierungsmittelbestandes i.H.v. 91.400,- €. Aber auch im Ergebnishaushalt schlagen die Unterhaltungsaufwendungen mit knapp 1,4 Mio. € deutlichst zu Buche. Der mit Abstand größte Posten hierbei entfällt mit 500.000,- € auf die Pfarrer-Graf-Grundschule (u. a. Sanierung des Flachdachs). Deshalb dürfen wir uns auch nicht von diesem Befund für das Haushaltsjahr 2025 täuschen lassen. Die mittelfristige Finanzplanung bis 2028 zeigt auf, dass unsere Reserven endlich sind und nicht ewig halten werden . Aus diesem Grund müssen wir uns nächstes Jahr durchaus auch mit Fragestellungen befassen, die die Generierung neuer bzw. höherer Einnahmen betreffen. So lässt es sich beispielsweise keinem verantwortungsvoll Handelnden vermitteln, dass wir in Hambrücken mit 48,- € Hundesteuer für den Ersthund am niedrigsten im gesamten Landkreis bei einem Durchschnittswert von 80,- € liegen. Ferner werden wir prüfen müssen, ob der mit der Grundsteuerreform bezweckte Effekt für sog. Enkelbauplätze (ohne Bauverpflichtung) eingetreten ist, oder ob es der Einführung einer Grundsteuer C bedarf. Was können wir weiter tun? Nun, darauf hinweisen, dass es so nicht weitergehen kann. Sie erinnern sich an das eingangs erwähnte Zitat mit dem Abgrund. Jeder vernünftige Privathaushalt muss mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln so umgehen, dass er nicht mehr ausgibt als er einnimmt. Nicht anders verhält es sich beim Staat in seiner Gesamtheit. Aus meiner Sicht kann es nicht angehen, dass die Kommunen immer mehr Aufgaben übertragen bekommen, letztlich aber selbst für die Zeche aufkommen müssen bzw. sich ungeklärten Finanzierungsfragen ausgesetzt sehen. Das Paradebeispiel ist der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Natürlich ist ein Rundum-sorglos-Paket des Staates wünschenswert. Aber wer kommt für die damit verbundenen Personal- und Infrastrukturkosten auf? Die ohnehin schon klammen Kommunen werden das nicht leisten können. Ein weiteres Beispiel ist das Deutschland-Ticket. Natürlich ist dieses in Zeiten des veränderten Mobilitätsverhaltens und bedingt durch den Klimaschutz gut und richtig. Aber erzielt es wirklich den gewünschten Effekt? Und vor allem: Wer finanziert es nachhaltig und letztendlich auf Dauer? Die Kommunen dürfen es jedenfalls nicht sein, auch nicht mittelbar über die Kreisumlage oder andere Abgaben. Meine Damen und Herren, wir müssen davon wegkommen, dass der Staat für alles und jeden zuständig ist. Weg von der Allzuständigkeit hin zur Aufgabenkritik und Beschränkung auf das Wesentliche. Ich denke, das ist es, was unter ehrlicher Politik zu verstehen ist, und ich denke, die Bürgerinnen und Bürger können hiermit auch umgehen. Das fängt auf Bundesebene mit in Bundesgesetzen vorgesehenen umfangreichen Leistungen für alles und jeden an und endet hier bei uns auf kommunaler Ebene mit überbordender Bürokratie. Wenn ich hier nur an die Vergrämung der Krähen rund um die Lußhardthalle denke … Abschließend möchte ich noch auf das Thema Starkregen eingehen, weil es uns in Zukunft begleiten und mehr als uns lieb ist auch herausfordern wird. Ausgangspunkt hierfür ist, dass spätestens nach den Ereignissen in Bruchsal und Gondelsheim im August dieses Jahres die Auswirkungen des größtenteils menschengemachten Klimawandels im Bewusstsein aller angekommen sein müssten, zumal es uns in Hambrücken dieses und letztes Jahr auch schon getroffen hat. Lassen Sie uns, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, gemeinsam daran arbeiten, dass wir zumindest die Folgen und Konsequenzen so weit wie möglich abmildern. Gänzlich vermeiden lassen sich solche Extremereignisse leider nicht, da es letztlich um höhere Gewalt geht, deren Risiko sich nicht vollständig beherrschen lässt. Aber zusammen können wir gute und wirkungsvolle Vorkehrungen treffen . Wir als Gemeinde haben umfangreich das Hebewerk III ertüchtigt und saniert. Im nächsten Jahr soll, wie ausgeführt, das Hebewerk II folgen. Zudem hat vor Kurzem als Abschluss der Risikoanalyse im Rahmen des Starkregenrisikomanagements ein Workshop mit Vertretern der Gemeinde, des Bauhofs, der Feuerwehr, des Landratsamts und des beauftragten Ingenieurbüros stattgefunden. Neben Starkregengefahrenkarten für Hambrücken sind nunmehr alle kritischen Objekte mit öffentlichem Bezug und mit Gefährdung der Allgemeinheit sowie die potenziell gefährdete Verkehrsinfrastruktur identifiziert. In den nächsten Wochen und Monaten werden daraus Maßnahmen und Handlungsfelder abgeleitet. Des Weiteren ist eine Informationsveranstaltung für Bürgerinnen und Bürger vorgesehen. Parallel hierzu schreiben wir unseren Generalentwässerungsplan mit dem Ziel fort, auch insoweit bestmögliche Vorkehrungen für das „Worst Case“-Szenario zu treffen. Jede und jeder einzelne von Ihnen , liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, kann hierzu ebenfalls beitragen, indem Sie Ihr Eigentum bestmöglich schützen. Dies fängt bei Versicherungsabschlüssen an, geht über den Einbau von Rückschlagventilen, die Anschaffung von Sandsäcken und andere bauliche Maßnahmen zum Schutz vor eintretendem Wasser und endet schließlich bei der Beobachtung der Sinkkästen auf der Straße in der Nähe Ihres Hauses, ob diese frei oder aber verstopft sind. Deren Reinigung übernehmen nach entsprechender Meldung selbstverständlich wir. Sie erinnern sich sicherlich noch an den Beginn meiner Ausführungen und an den Begriff Hiobsbotschaft . Lassen Sie es uns wie der Prophet Hiob im Alten Testament handhaben. Obwohl er durch mehrere extrem negative Ereignisse und Nachrichten auf die Probe gestellt wurde, hielt er doch an seinem Glauben fest. Lassen Sie uns trotz allem ebenfalls positiv bleiben und darauf vertrauen, dass wir zusammen auch diese schwierige Phase meistern, wie auch schon die der vergangenen Jahre. Und vielleicht erfolgt sogar die Lieferung des im Jahr 2022 für unsere Freiwillige Feuerwehr bestellten HLF 10 im nächsten Jahr, wer weiß. Apropos Freiwilligkeit: Auch im Jahr 2025 enthält unser Haushalt wieder Freiwilligkeitsleistungen in Höhe von über 200.000,- € zur Unterstützung unseres ausgeprägten und beispielhaften Vereinslebens. Hoffen wir, dass wir auch in den Folgejahren das Ehrenamt sowie das sportliche, kulturelle, musische, züchterische und sonstige Engagement nicht nur durch persönliche Unterstützung durch alle Gemeindemitarbeitenden stärken können! Ich danke Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, für Ihren Einsatz für unsere Kommune und für Ihr Verständnis für manch kontroverse Entscheidung. Ihnen, liebe Mitglieder des Gemeinderats, danke ich für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Kämmerer Gottfried Ott und seinen Mitarbeitenden danke ich für die erneut gelungene Aufbereitung des komplexen Werks in schwierigen Zeiten. Ich wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen ein friedvolles und harmonisches Weihnachtsfest. Kommen Sie gut und gesund ins neue Jahr. Ich freue mich auf ein baldiges Wiedersehen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.