Volkstrauertag 2025 in Hambrücken

Wer die Folgen von Krieg und Gewalt nicht mehr sieht, vergisst sie. Wer sie vergisst, läuft Gefahr, sie zu wiederholen.“, so Bürgermeister Dr. Marc Wagner in seiner Begrüßung. 
 
In seiner Ansprache dankte er insbesondere Frau Erika Albrecht, die als 100-jährige Zeitzeugin durch ihre Anwesenheit dem Erinnern eine besondere Bedeutung verlieh.
Nach dem Totengedenken folgte ein eindrucksvoller Beitrag des Teams YOUgend:
Vier Mitglieder – Marie Mächtel, Jana Heinrich, Simon Debatin und Suhel Saćiri – lasen Originalbriefe von der Front des Zweiten Weltkriegs vor.
Mit ihren Stimmen ließen sie die Worte jener Zeit wieder lebendig werden – Worte, die vom Alltag, von Angst, Hoffnung und Menschlichkeit inmitten des Krieges erzählen.
Das stille Erinnern wurde so zu einem lauten Zeichen:
Solch ein Leid, solch ein Krieg dürfen sich niemals wiederholen.
Denn Erinnern bedeutet nicht nur zurückzublicken, sondern Verantwortung zu übernehmen.
„Nie wieder“ – das ist nicht nur Geschichte, sondern eine Aufgabe. Eine Aufgabe für uns alle.
 
Insgesamt wurden sieben Briefe vorgelesen – sieben Zeugnisse aus einer dunklen Zeit, die durch die Stimmen des Teams YOUgend neues Leben erhielten.
Im Folgenden zwei der vorgelesenen Briefe:
Letzter Brief von Eugen Köhler an seine Schwester vom 07.08.1941:
Soldat:
Liebe Schwester!
Will dir schnell einige Zeilen zugehen lassen. Bin noch gesund, was ich von dir auch hoffe. 
Dachte, wir hätten einige Tage Ruhe, aber nun stehen wir wieder im Kampf. Ich bin jetzt, da es gerade schwer regnet, unter einem 2-rädrigen Karren im Walde. Den Wald haben wir gerade durchbrochen. Haben viele Gefangene und viel Kriegsmaterial erbeutet. Wir sind bis jetzt noch in der russischen Ukraine, ungefähr 300 Kilometer vom Schwarzen Meer entfernt. Ich rechne damit, dass die Ukraine in 8 bis 14 Tagen erledigt ist – allerdings leisten die Russen sehr starken Widerstand. 
Wir stehen jetzt hier am Waldrand und warten neuen Befehl ab. Da kannst du dir denken wie es einem da zu Mute ist. Die Kleider durch und durch nass und keine Gelegenheit zum Trocknen. So sind wir jetzt schon 4 Wochen jede Nacht im freien Felde - einmal von Schweiß gebadet nass, das andere Mal vom Regen. Der einzige Wunsch ist der, nur einmal wieder nach Hause. Aber man kann gar nicht glauben, dass das einmal wahr werden kann. Aber hoffen wir das Beste. Wenn es geht, schicke mir was zu essen oder Bonbons. 
Essen bekommen wir wenig: 1/6 Laib Brot pro Tag.
Zum Schluss viele herzliche Grüße
Eugen
 
Brief von Vinzenz Krämer vom 21.08.1945 aus Landsberg, aus russischer Gefangenschaft:
Meine liebe gute Frau und Kind!
Nach langem Bangen gibt sich mir die Gelegenheit, dir einige Worte zu schreiben. 
Ich bin seit dem 14. Mai in russischer Gefangenschaft. Habe dir ja schon drei Mal geschrieben, aber ich weiß ja nicht, ob du die Briefe erhalten hast, hoffe es mal. 
Meine liebe gute Frau, habe im Juli im Lazarett gelegen. War schwer krank, geht mir aber schon seit 3 Wochen wieder entsprechend gut. 
Meine liebe gute Frau, in den letzten Tagen wurden bei uns ziemlich viele entlassen, aber nur ältere. Nun ich hoffe, dass ich auch bald entlassen werde. Bis Weihnachten hoffe ich, bei dir zu sein. 
Nun, wie geht es dir? Hoffentlich nur gut - und du bist noch am Leben, gesund und munter, und die Kleine auch. Ich mache mir deswegen große Sorgen. 
Meine liebe Frau, zu erzählen habe ich dir genügend - warte mit großer Sehnsucht auf den Tag, wo ich meine goldene Freiheit bekomme und mich mal richtig satt essen kann. Wie ich schon erzählen gehört habe, soll es auch schwere Kämpfe in Bruchsal gegeben haben. Hoffentlich ist in Hambrücken alles ganz geblieben - hoffe mal das Beste. 
Viele Grüße an alle. 
Will nun für heute zum Schluss kommen.
Hoffe auf ein recht baldiges, frohes Wiedersehen in der Heimat.
Es grüßt und küsst dich viel tausendmal dein treuer, stets an dich denkender, immer liebender, unvergesslicher Mann.
 
Mit den abschließenden Worten des Teams YOUgend – „Nie wieder braucht Haltung. Nie wieder braucht uns alle.“ – mahnten die Stimmen von heute eindrucksvoll zum Frieden und machten deutlich, dass die Erinnerung nur dann lebendig bleibt, wenn wir gemeinsam Verantwortung übernehmen.
Im Anschluss sprach Pfarrerin Charlotte Hoffmann das Gebet. 
 
Abschließend legten Bürgermeister Dr. Marc Wagner und Gemeindemitglied SU d. R. Karl-Heinz Soder zum Gedenken an die Kriegstoten und Opfer von Gewaltherrschaft zusammen zwei Kränze nieder. 
Musikalisch wurde der Volkstrauertag von einer großen Abordnung des Gesangvereins Eintracht Hambrücken umrahmt.
 
Vielen Dank an alle Beteiligten!